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So berechnet sich der Pflegegrad

Pflegegradberechnung einfach und nachvollziehbar erklärt. Auf Basis welcher Kriterien berechnet sich die Höhe des Pflegegrades? Was wird wie im Pflegegutachten berücksichtigt.

Veröffentlicht am:
15.1.2025
Autor dieses Blogbeitrags
Detlef Jäkel
Experte im Bereich häusliche Pflege

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So berechnet sich der Pflegegrad

Grundlegende Voraussetzungen

Eine Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen Unterstützung und Hilfe bei der täglichen Grundversorgung wie Essen und Körperhygiene oder im Alltag benötigt wird. Der Antrag zur Ermittlung der Pflegestufe kann formlos in schriftlicher oder telefonischer Form gestellt werden.

Als Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung, schickt die jeweilige Pflegekasse daraufhin einen unabhängigen Gutachter oder Gutachterin des Medizinischen Dienst (MDK) zu Ihnen nach Hause. Bei Versicherten einer privaten Krankenversicherung (PKV) stellt das Unternehmen MEDICPROOF entsprechende Gutachten aus.

Wie werden Pflegegrad Punkte vergeben?

Beim Eintritt eines Pflegefalls oder bei Verschlechterung des Zustandes des zu Pflegenden stellt sich schnell die Frage nach der richtigen Höhe des Pflegegrad.

Zur Bestimmung des Pflegegrades, wird die Alltagskompetenz des Pflegebedürftigen bewertet. Auf Basis eines feststehenden Fragenkataloges wird geprüft, in welchem Maß alltägliche Tätigkeiten eigenständig möglich sind und wieviel Hilfe hier erforderlich ist. Die abschließende Berechnung kann maximal 100 Einzelpunkte ergeben. Je stärker die Einschränkung im Alltag gegeben ist, desto mehr Punkte werden berücksichtigt und desto höher fällt am Ende der Pflegegrad aus.                          

Module und Kriterien

Der zur Bewertung heran gezogenen Fragenkatalog beinhaltet 64 Einzelfragen, welche in sechs Module (Hauptkriterien) unterteilt sind und folgende Aspekte berücksichtigen:

  1. Mobilität - Bewertung der körperlichen Handlungsfähigkeit, z. B. Sitzen, Stehen, Gehen,Treppensteigen
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten - Entscheidungsfindung, Einschätzung von Risiken und Sachverhalten, Mitteilungsvermögen
  3. Verhaltensweisen und psychische Belastung - Aggression, Möglichkeit der Schädigung von Gegenständen, anderen Personen oder sich selbst
  4. Selbstversorgung - Fähigkeit zur eigenen Körperhygiene, Duschen, Waschen, An- und Auskleiden, Essen, Trinken, Toilettengänge
  5. Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen - Umgang mit eigenen bestehenden Krankheiten (beispielsweise Messung von Blutdruck oder Blutzucker, Medikation)
  6. Gestaltung des Alltagslebens - Wie gut kann die betroffene Person ihren Alltag selbstständig gestalten und z. B. Kontakte pflegen?

Das genaue Be­rech­nungs­ver­fahren ist komplex. Frei zugängliche Pflege­grad­rechner (z.B. Internetseiteder Verbraucherzentrale) helfen Ihnen, sich mit den Fragen vertraut zu machenund eine erste Ein­schätzung zu erhalten.

Ermittlung der Punkte je Modul

Die Hauptkriterien bzw. Module gliedern sich in Unterkriterien (Fragen). Für jede Antwort und Frage werden einzelne Punkte vergeben und am Ende addiert.

Beispiel: Zur Einschätzung der Selbstständigkeit im Modul Mobilität werden folgende Tätigkeiten/Unterkriterien bewertet:

Gewichtung der Module und Punkte

Für jedes Modul wird zunächst eine Summe der Einzelpunkte errechnet. Im Anschluss erfolgt die Gewichtung der Module und Verrechnung der Einzelpunkte als gewichteter Punktwert.

Das bedeutet: Abhängig vom Hilfsbedarf erhält die pflegebedürftige Person für jedes Modul bestimmte Punkte. Der Gesamtwert pro Modul fließt dann in einem zweiten Schrittin die prozentuale Gewichtung der einzelnen Bereiche ein.

Modul-Gewichtung in Prozent

Die einzelnen Punkte pro Modul werden nicht einfach addiert. Vielmehr stellt die Gewichtung sicher, dass der Bereich Selbstversorgung mit 40 Prozent am stärksten in die Bewertung einfließt. Die beiden Hauptkategorien kognitive/kommunikative Fähigkeiten und Verhaltensweisen/psychische Problemlagen werden am geringsten gewichtet. Hier fließt nur der höhere der beiden Modulwerte mit 15 Prozent in das Ergebnis der Begutachtung ein. Der maßgebliche Ansatz für die Gewichtung der Punkte je Modul ist im Sozialgesetzbuch (§ 15 SGB XI) geregelt.

 

Ausnahmen und Sonderfälle

Bewertung nach Aktenlage

In Fällen, in dem die erforderliche Versorgung einer pflegebedürftigen Person gefährdet ist, kann zunächst eine "Bewertung nach Aktenlage" durchgeführt werden.  Die endgültige Ermittlung des Pflegegrads erfolgt hier später, kann dann aber von der Bewertung nach Aktenlage abweichen. Beispielsweise, wenn:

  • die pflegebedürftige Person nach Antragstellung noch in stationärer Behandlung ist, erfolgt die reguläre Begutachtung noch im Krankenhaus oder der Reha-Einrichtung. Damit ist die ambulante oder stationäre Weiterversorgung nach der Entlassung gesichert.
  • bei Aufnahme der pflegebedürftigen Person in einer Kurzzeitpflege-Einrichtung eine Leistungszusage notwendig ist und die Pflege anschließend in häuslicher Umgebung fortgeführt wird.
  • nach der Versorgung im Krankenhaus die Pflege in einem Heim erfolgt.

Besondere Bedarfskonstellation

Die sogenannte "besondere Bedarfskonstellation" ist eine Ausnahmereglung zur Einstufung. Pflegebedürftige mit außergewöhnlich hohem Hilfebedarf werden hierbei auch dann in Pflegegrad 5 eingestuft, wenn ihr Punktwert unter 90 liegt. Maßgeblich ist hier die "Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und Beine", wenn Sie beispielsweise aufgrund einer Lähmung aller Gliedmaßen dauerhaft auf Hilfe angewiesen sind.

Widerspruch

Sie sind mit dem Ergebnis des Gutachtens nicht einverstanden und möchten Widerspruch gegeneinlegen? Lesen Sie sich das erstellte Gutachten nach dem Erhalt genau durchund widersprechen Sie bei den Punkten, bei denen Sie der Meinung sind, dass falsch bewertet wurde. Ihr Widerspruch muss nachvollziehbar und individuell begründet und beim ausführenden Medizinischer Dienst oder MEDICPROOF eingereicht werden.

 

Fazit: Im Bedarfsfall Pflegeantrag stellen

Die Inanspruchnahme von Leistungen der Pflegeversicherung setzt einen Pflegegrad voraus. Wer sich bereits im Vorfeld mit den Bewertungskriterien auseinandersetzt, kann sich auf den Termin mit dem Gutachter vorbereiten und selbst abschätzen wie hoch der Pflegegrad ausfallen kann.

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